Beitrag vom: 18. November 2024

MdEP fordert konsequente Durchsetzung von EU-Regeln

Das Mitglied der Europäischen Volkspartie (EVP) bezog vor dem Europäischen Parlament Stellung zu den Geschäftspraktiken von Billig-Online-Shopping-Plattformen. Der Ober­pfälzer Christian Doleschal, seit 2019 Abgeordneter im EU-Parlament, ist Vollmitglied in den Ausschüssen für regionale Entwicklung und für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit tätig. Zudem ist er stellvertretendes Mitglied in den Ausschüssen für Wirtschaft und Währung sowie für Binnen­markt und Verbraucherschutz. Nach einer Studie der unabhängigen NGO Vote Watch Europe ist Doleschal einer der aktivsten Abgeordneten der deutschen Delegation mit einer überdurchschnittlich hohen An­wesenheitsquoten bei Abstimmungen und sonstigen parlamentarischen Tätigkeiten. Hier seine Stellung­nahme im Wortlaut:

Dumpingpreise, fragwürdige Vermarktungsstrategien: Wir brauchen faire Regeln für den elektronischen Handel!

Europäische E Commerce-Plattformen und unsere lokalen Geschäfte stehen unter erheblichem Druck: Plattformen wie Temu und Shein, die ihre Produkte zu Dumpingpreisen anbieten, überschwemmen unsere Märkte. Ein T-Shirt für 5 Euro, eine Jacke für 7 Euro oder ein Plüschtier für wenige Cents, allein im Jahr 2023 transportierten Shein und Temu täglich 9.000 Tonnen Fracht nach Europa, und das mit aggressiven Ver­marktungsstrategien, die den Wettbewerb verzerren. 

Unlautere Praktiken und fehlende Konsequenzen

Während europäische Unternehmen strenge Vorgaben zur Produktsicherheit, Nachhaltigkeit, Datenschutz und Arbeitsbedingungen einhalten, nutzen Temu und Shein systematisch Schlupflöcher aus. Ihre Geschäfts­praktiken verstoßen gegen wichtige Vorschriften – sei es beim Datenschutz, Urheberrecht oder der Kenn­zeichnung von Produkten. Trotz der offensichtlichen Verstöße gab es bisher nur selten spürbare Konse­quenzen. Doch es scheint sich etwas zu bewegen: Erst vergangene Woche hat die EU-Kommission zusam­men mit dem Netzwerk für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz) den Online-Marktplatz Temu aufgefordert, seine Verkaufspraktiken mit dem EU-Verbraucherrecht und der in Kürze in Kraft tretenden EU-Produktsicherheitsverordnung in Einklang zu bringen. Eine gemeinsame Untersuchung der EU-Kommission, des deutschen Umweltbundesamts und der nationalen Verbraucherbehörden Belgiens und Irlands hatte mehrere Praktiken aufgedeckt, die Verbraucher in die Irre führen oder ihre Kauf-entscheid­ungen unangemessen beeinflussen könnten. Temu hat nun einen Monat Zeit, um auf die Ergebnisse der Untersuchung durch das CPC-Netz zu antworten und darzulegen, wie es die ermittelten verbraucher­rechtlichen Probleme beheben will. Parallel dazu hat die Europäische Kommission bereits am 31. Oktober 2024 ein förmliches Verfahren im Rahmen des Digital Services Act (DSA) eingeleitet. Dabei werden mögliche Verstöße untersucht, darunter der Verkauf illegaler Produkte, die potenziell suchterzeugende Gestaltung der Plattform, die Nutzung von Empfehlungssystemen zur Kaufanregung sowie der Datenzugang für Forschungszwecke. 

Schwachstellen in der Marktüberwachung und Zollkontrollen

Das Problem liegt nicht unbedingt im Mangel an Regulierungen, sondern in deren effektiver Anwendung. E-Commerce-Giganten profitieren von Lücken in der Marktüberwachung und beim Zoll. Die Entscheidung der Kommission vergangene Woche zwei Verfahren gegen Temu einzuleiten war richtig und wichtig! Un­zureichende Zollkontrollen und fehlende Vernetzung beim Datenaustausch innerhalb Europas begünstigen zudem die massenhafte Einfuhr von Waren mit geringem Wert. Obwohl das europäische Zollrecht ein­heitlich angewendet werden sollte, gibt es nach wie vor 27 unter-schiedliche Zollsysteme, und Marktauf­sichtsbehörden sind national unterschiedlich stark ausgestattet. Die aktuell noch diskutierte EU-Zollreform, die ab 2028 in Kraft treten soll, ist ein wichtiger Schritt, um auch Waren unter einem Wert von 150 Euro stärker zu kontrollieren. Diese bleiben bisher zollfrei, wodurch Risikoprodukte aus Billig-Plattformen häufig unentdeckt bleiben. Eine schnelle Einigung im Rahmen der Trilog-Verhandlungen ist deshalb entscheidend. 

Um fairen Handel zu gewährleisten, müssen wir außerdem unsere Marktüberwachungsbehörden mit mehr Personal und modernen digitalen Systemen ausstatten, um die Einhaltung der neuen Vorschriften sicher­zustellen. Ein Beispiel dafür sind die neuen Vorschriften im Rahmen des Digital Services Act (DSA), die E-Commerce-Plattformen zur Benennung eines gesetzlichen Vertreters in der EU verpflichten. Doch ohne ausreichende Ressourcen bleibt die konsequente Durchsetzung dieser Regeln schwierig. Es geht um fairen Wettbewerb. Wichtig ist: Diese Maßnahmen dienen nicht dazu, Protektionismus zu fördern. Vielmehr geht es darum, faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Nur ein fairer Wettbewerb sorgt dafür, dass der europäische Markt langfristig innovativ und konkurrenzfähig bleibt. Europäische Unternehmen dürfen nicht benachteiligt werden, weil sie sich an die strengen Vorgaben halten, während andere Anbieter die Regeln umgehen.