Beitrag vom: 17. Juni 2024

Update Problematik Billig-Online-Shopping-Plattformen

Schön, dass nach dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und MdB Alexander Bartz (der DVSI hatte berichtet) jetzt Bewegung in die Problematik kommt.

1. Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)

In einem Gespräch von DVSI-Geschäftsführer Ulrich Brobeil mit dem Referat Investitionsgüterindustrie, Konsumgüterindustrie, Investitionsprüfungen im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) wurde mitgeteilt, dass Minister Habeck die Problematik zur Chefsache gemacht und die involvierten Referate beauftragt hat, sich Gedanken zu machen, was zu tun ist. Man spricht im BMWK mit den Plattformen, der Marktüberwachung, dem Zoll, dem Handel und betroffenen Industrien. Es laufen Prozesse an in Richtung Regeln, Awareness und Stärkung der Marktüberwachung. Der DVSI informierte umfassend zur Situation in der Spielwarenbranche (Allgemein, Produktsicherheit, Zoll & Steuern, Verbraucherschutz, Arbeitsbedingungen, Nachhaltigkeit, Urheberrecht, Datenschutz, Rolle Chinas) sowie zu den Aktivtäten und Forderungen des DVSI (insbesondere Berücksichtigung im Prozess neue EU-Spielzeugverordnung).

2. Sitzung Wirtschaftsforum SPD zum Onlinehandel

Am vergangenen Freitag fand eine Arbeitssitzung des Wirtschaftsforums der SPD zum Thema „Online versus stationär versus neue Wettbewerber? Neue Herausforderungen für den Handel“ mit Dr. Jens Zimmermann, MdB statt. Die Spielwarenindustrie wurde einige Male als Beispiel für unsichere Praktiken von chinesischen Konzernen wie Temu und Shein genannt. Im Folgenden finden Sie einige Key Take-aways, die vor allem von Dr. Zimmermann, digitalpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und Mitglied des SPD-Fraktionsvorstands, geäußert wurden:

  • Täglich erreichen ca. 400.000 Päckchen von Anbietern wie Temu oder Shein Deutschland. 60% der Sendungen sind zollrechtlich falsch deklariert und bei fast allen Produkten liegen Verstöße gegen in der EU geltende Standards bei Nachhaltigkeit, Chemikalien oder Arbeitsbedingungen vor. Hier wurde auch die Spielwarenindustrie als Beispiel genannt, die unter Verstößen der chinesischen Unternehmen gegen Produktsicherheit leidet.
  • Da zudem zahlreiche Pakete über Flughäfen in angrenzenden Ländern Deutschland erreichen, ist der EU-Binnenmarkt betroffen und das Problem muss auch auf EU-Ebene gelöst werden.
  • Die SPD ist für die Senkung der Zollgrenze von 150€. Im April kündigte Christian Lindner an als zuständiger Finanzminister an, eine Abschaffung der 150-Euro-Regelung auf EU-Ebene unterstützen zu wollen. Die EU-Kommission hatte bereits im März 2023 Reformvorschläge vorgelegt – eine finale Entscheidung wolle man bis 2028 treffen. Zimmermann kritisierte diese lange Zeitspanne und betonte, die SPD mache Druck auf Christian Lindner, das Thema auf EU-Ebene voranzutreiben.
  • Zimmermann begrüßte die Reform des Digital Services Act und der E-Commerce-Richtlinie sowie neue Regeln zum „Notice and take down“-Prinzip.
  • Aus Zimmermanns Sicht sei ein umfassender Aktionsplan notwendig, um den Herausforderungen mit Unternehmen wie Temu und Shein begegnen zu können und die Wettbewerbsfähigkeit für deutsche und europäische Unternehmen zu stärken.
  • Es sei jedoch keine Lösung, so Zimmermann, die Unternehmen zu ignorieren – vielmehr sollte der Austausch gesucht werden. Zugleich sei ihm die Schwierigkeit dessen aufgrund mangelnder Transparenz und Governance in den Unternehmen bewusst.

Folgende Punkte wurden zu den betroffenen Industrien angesprochen:

  • Es gibt in Deutschland und der EU kein Regulierungs- sondern ein Durchsetzungsdefizit. Es wird bereits ein großer Teil an Arbeitskraft in den Unternehmen daran gebunden, die gesetzlichen Standards umzusetzen. Es sollten nun keine neuen Regeln hinzukommen, vielmehr muss garantiert sein, dass die vorhandenen Rechtsvorschriften angewendet und von allen Marktteilnehmern befolgt werden müssen. Wenn keine wirksame Durchsetzung des geltenden Rechts erreicht wird, dann ist der faire Wettbewerb außer Kraft gesetzt.
  • Es ist für die Unternehmen nicht nachvollziehbar, dass das BAFA die Einhaltung des dt. Lieferkettengesetzes nicht bei chinesischen Anbietern kontrolliert, die via Internet direkt an deutsche Endverbraucher verkaufen. Das Gesetz muss für alle Marktteilnehmer gelten, alles andere ist Wettbewerbsverzerrung.
  • Für alle Anforderungen des Produkt-, Verbraucher- und Lauterkeitsrechts sollte ein verantwortlicher Wirtschaftsakteur in der EU niedergelassen sein, der im Rahmen der behördlichen und privaten Rechtsdurchsetzung in Anspruch genommen werden kann. Jeder Wirtschaftsakteur muss Erreichbarkeit, ladungsfähige Anschrift und hinreichende Solvenz besitzen, um Buß- und Ordnungsgelder zahlen zu können.

3. Bundesregierung berichtet zu Maßnahmen

In der 66. Sitzung des Ausschusses für Digitales am 12. Juni 2024 berichtete die Bundesregierung zu laufenden und geplanten Maßnahmen, um ein regelkonformes Verhalten der Online-Händler Temu und Shein in Deutschland und Europa sicherzustellen. Der Tagesordnungspunkt fand in öffentlicher Sitzung statt und ist hier einzusehen.

Ihr Ansprechpartner beim DVSI:
GF Ulrich Brobeil (T: 0911/477112-11; E: brobeil@dvsi.de)